Dokumentation zum Academic Symposium on Metropolitan Innovation Ecosystems for Sustainable Transformation – Responding to Grand Challenges (3. September 2022)

Das Akademische Symposium stand in enger Verbindung zum Metropolitan Innovation Summit Ruhr 2022 (31. August  bis 2. September 2022), den KoMet gemeinsam mit der NRW-Landesregierung und dem Regionalverband Ruhr (RVR) veranstaltet hat. Hieran nahmen Akteur:innen aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft der Metropolregionen Tsukuba (Japan), Pittsburgh (USA), Tel Aviv (Israel), Oberschlesien (Polen), Greater Manchester (Vereinigtes Königreich), der Randstad (Niederlande) sowie der Metropole Ruhr teil, um zentrale Aspekte der Nachhaltigkeitstransformationen sowie die Innovationsstrategien ihrer Regionen, basierend auf den jeweiligen Innovationsökosystemen, vorzustellen und zu diskutieren. Die Teilnehmenden hatten hierbei die Chance, neue Kontakte zu knüpfen und ihre internationalen Netzwerke zu erweitern.

Als Auftakt zum eigentlichen Konferenztag (2. September 2022) fanden ein Matching-Event (31. August 2022) sowie eine Welcome-Tour (1. September 2022) statt, die eine Plattform für den persönlichen Austausch unter den Delegationsmitgliedern der jeweiligen Metropolregionen boten. Im Rahmen der Welcome-Tour haben die internationalen Gäste Orte der Innovation und nachhaltigen Transformation in der Metropole Ruhr besucht:

Innovation Hub I – Mark 51°7 in Bochum: Wissenschafts- und Technologiequartier auf dem Gelände des ehemaligen Opel-Werks orientiert am Leitbild „Wissen schafft Wirtschaft“, O-Werk mit Makerspace als Teil des Worldfactory Startup Center der RUB;

Innovation Hub II – Innovation Capital Dortmund: Dortmunder U als Zentrum für Kunst, Kreativität und Wissenschaft, multifunktionales Stadtquartier auf ehemaliger Industriefläche mit Phoenix-See in Hörde;

Innovation Hub III – Emscherregion: „Hybridkraftwerk Emscher“ in Bottrop als Deutschlands erste energieautarke Kläranlage mit der weltweit größten solarthermischen Klärschlammtrocknungsanlage;

Innovation Hub IV – duisport in Duisburg: Hafenentwicklung und Energietransformation in Europas größtem Binnenhafen.

Im Rahmen des akademischen Symposiums lud KoMet am 3. September 2022 die Konferenzteilnehmenden des Metropolitan Innovation Summit Ruhr 2022 sowie die interessierte Öffentlichkeit an die Ruhr-Universität Bochum (RUB) ein, um über metropolitane Innovationsökosysteme im Kontext der Nachhaltigkeitstransformation aus Perspektive der (transformativen) Forschung vertiefend zu diskutieren. Als Basis für die wissenschaftliche Diskussion und zum grundlegenden Verständnis definierte KoMet „Metropolitan Innovation Ecosystems for Sustainable Transformation“ als Strukturen, die von Akteur:innen innerhalb und zwischen verschiedenen Gesellschaftssystemen gebildet und genutzt werden, um Innovationen zu fördern, die eine nachhaltige Transformation unterstützten. Solche Innovationsökosysteme sind hochkomplexe und dynamische Systeme mit zahlreichen und wechselnden Akteur:innen, die unterschiedliche Ressourcen, Interessen, Perspektiven und Handlungslogiken einbringen.

Der Tag begann mit einer Begrüßung und Einführung durch Uta Hohn (KoMet-Sprecherin/AG Urban and Metropolitan Studies, RUB), Martin Paul (Rektor der Ruhr-Universität Bochum) und Matthias Kiese (KoMet Forschungsfeld Wissensmetropolen/Dekan der Fakultät für Geowissenschaft/AG Stadt- und Regionalökonomie). In ihren Plädoyers betonten die Professor:innen die Relevanz des wechselseitigen Lernens und des interregionalen Wissensaustausches der Wissenschaftler:innen aus Universitäten und Forschungsinstituten untereinander sowie die Kooperation mit den Akeur:innen aus der Praxis für das Gelingen einer Nachhaltigkeitstransformation aus den jeweiligen Innovationsökosystemen heraus.

Den inhaltlichen Auftakt des Symposiums machte Maryann Feldman (Arizona State University, Phoenix). In ihrer Keynote „Innovation for Urban Resilience in the Desert“ legte sie den Fokus auf das Innovationsökosystem der Wüstenregion Phoenix/Arizona in den Vereinigten Staaten und die dortigen Herausforderungen für eine Transformation zu mehr Nachhaltigkeit. Maryann Feldman erläuterte dem Publikum, dass Phoenix die fünfgrößte und am schnellsten wachsende Stadt in den USA sei und nicht nur als das kulturelle Zentrum, sondern auch als das Finanzzentrum von Arizona gelte. Bis in die 1990er Jahre sei Phoenix als „sonnige Steueroase mit attraktiven Golfplätzen“ vermarktet worden. 2014 sei dann zunächst das Ziel formuliert worden, die CO2-Neutralität bis 2050 zu erreichen, bevor 2016 acht Nachhaltigkeitsziele definiert worden seien, um das Leitbild einer „Sustainable Desert City“ bis 2025 umzusetzen. Unter dem Slogan „Turn adversity into advantage“ seien vor allem Strategien für ein nachhaltiges Wasserressourcenmanagement und die Positionierung von Phoenix als Hub für erneuerbare Energien entwickelt worden. Nach Feldman war zur Bewältigung der Herausforderungen durch Wassermangel und Hitze die Kombination von bottom-up-Aktivitäten auf Nachbarschaftsebene und von top-down-Ansätzen durch die Stadtregierung notwendig. Darüber hinaus sei es zentral gewesen, dass hierfür alle wichtigen Akteur:innen kooperativ und nicht kompetitiv agiert hätten. Die Existenz einer offensichtlichen Krise habe in diesem Zusammenhang die nötige Kooperationsbereitschaft und eine schnelle Konsensbildung innerhalb des Innovationsökosystems ermöglicht. Zu wenig adressiert worden seien allerdings Fragen einer gerechten Transformation, z. B. mit Blick auf das Thema Obdachlosigkeit in einer Wüstenstadt.

Daran anknüpfend diskutierten Andreas Löschel (Umwelt-/Ressourcenökonomik und Nachhaltigkeit, RUB), Ray Gastil (Carnegie Mellon University, Pittsburgh, Remaking Cities Institute) und das Plenum, moderiert durch Stefan Gärtner (Institut Arbeit und Technik), Fragen von Governance und Leadership in metropolitanen Nachhaltigkeitstransformationen unter Berücksichtigung unterschiedlicher Maßstabsebenen des Handelns. Andreas Löschel beleuchtete aus ökonomischer Perspektive die Energiesystemtransformation, basierend auf selbst durchgeführten Studien. Hierbei kam er zu dem Ergebnis, dass trotz allgemeiner Zustimmung die konkrete individuelle Zahlungsbereitschaft für den Klimaschutz in der allgemeinen Bevölkerung in Deutschland relativ gering sei. Aus Sicht von Andreas Löschel seien daher sogenannte Co-Benefits von Klimaschutzstrategien und Change Agents als essentielle Ressourcen eines Innovationsökosystems zu bewerten, damit dieses auf eine Nachhaltigkeitstransformation zur Lösung der großen gesellschaftlichen Herausforderungen, wie dem Klimaschutz, erfolgreich einzahle. Ray Gastil berichtete auf der Grundlage seiner Erfahrungen als Stadtplaner und Wissenschaftler, dass das Innovationsökosystem der von der Deindustrialisierung hart getroffenen Stadt Pittsburgh vor allem von der aktiven Rolle der Universität sowie von Forschungseinrichtungen profitiere. Diese hätten seit den 1990er Jahren Orte der Innovation und somit Katalysatoren zur Erprobung von Lösungsansätzen für den nachhaltigen Wandel in Pittsburgh geschaffen. Eine besondere Rolle in den Innovationsökosystem US-amerikanischer Städte komme zudem Philanthropen und ihren Stiftungen zu. In der Nachhaltigkeitstransformation spiele in Pittsburgh z. B. die NPO „Green Building Alliance“ eine wichtige Rolle, deren Aktivitäten auf Sponsoring basieren. Im Pittsburgh 2030 District setze sich ein Netzwerk führender Wachstumsindustrien für die Energietransformation ein, und auf Nachbarschaftsebene habe sich die Methode des „asset mapping“ bewährt.

Im Anschluss präsentierten Nachwuchswissenschaftler:innen der RUB sowie der japanischen Universität Tsukuba, moderiert durch Judith Wiemann (AG Stadt- und Regionalökonomie, RUB), in jeweils fünfminütigen Pitchvorträgen ihre Promotionsvorhaben. Die Vorträge, die sich im Vorfeld über einen Call for Presentation Proposals qualifiziert hatten, waren inhaltlich sehr divers und deckten eine große Bandbreite des Themenfelds der nachhaltigen Transformation von Metropolen ab. Die Nachwuchswissenschaftler:innen nutzten das Academic Symposium als Chance, ihre Forschungsvorhaben einem größeren Publikum vorzustellen als Voraussetzung für ihre internationale und interdisziplinäre Vernetzung.

Dr. Judith Wiemann (RUB): "Don't Be a Unicorn!" – Investigating the Integration of Sustainable Entrepreneurship in Entrepreneurial Ecosystems

Markus Gornik (M.Sc., RUB): Knowledge-Based Spatial Development: The Ruhr Academy Format in the Context of the Regional Innovation Ecosystem for Sustainable Transformation of the Ruhr Metropolis

Simon Rohde (M.Sc., RUB). Defining Networks in Entrepreneurial Ecosystems – A Spatial Question?

Harriet Ellwein (Dipl. Geogr, RUB): Cooperation Between Municipalities and Science in Urban Development - an Investigation from a Municipal Perspective

Roman Fritz (M.Sc., RUB): Governmentality of Innovation in (Regional) Innovation Ecosystems – A Comparative Multi-Case Study

O'Neil C. Miller (M.Sc., University of Tsukuba): Science City Innovation Eco-Systems: Tracing the Growth and Transformation of Tsukuba Science City

Jooho Park (M.Sc., University of Tsukuba): Investigation of Living Lab Participants’ Knowledge Change for Inclusive Smart City: The Case Study of Urban Living Lab in Seongdaegol, Seoul, South Korea

Abschließend fasste Matthias Kiese wesentliche Erkenntnisse des Metropolitan Innovation Summit und des akademischen Symposiums zusammen und zeigte Potenziale für international vergleichende Forschungen auf. Metropolitane Innovationsökosysteme würden heute als Arenen für die Entwicklung und Erprobung von Lösungsansätzen für große gesellschaftliche Herausforderungen wie die Dekarbonisierung angesehen. Zwischen Ländern und Metropolregionen zeige der Summit jedoch Variationen in der Missionsorientierung (z. B. Lösungen für alternde Gesellschaften in Japan, Sicherheitstechnologien in Israel), in den vorhandenen Innovationspotenzialen sowie Governancekapazitäten und -strukturen auf. Unterschiede in der Transformationskapazität metropolitaner Innovationsökosysteme zu ermitteln und zu erklären sowie für ein wechselseitiges Policy-Learning zu nutzen, sei daher eine lohnende Herausforderung für transformative Forschung. Insbesondere die Nachwuchswissenschaftler:innen, die aus unterschiedlichen Perspektiven an ähnlichen Themen arbeiten, verdeutlichen das große Potenzial für gemeinsame Publikationen und die Entwicklung neuer Forschungsprojekte mit vergleichenden Fallstudiendesigns.

Eine ähnliche Ausrichtung hat das im September gestartete zweijährige Horizon Europe Forschungsprojekt TRANSFORMER unter Federführung von Matthias Kiese. Das Projekt beabsichtigt die Konzipierung und Pilot-Anwendung von Transition Super Labs in vier europäischen Metropolregionen mit ähnlichen Transformationsherausforderungen. Hier sollen Pilotlösungen für regionale Klimaneutralitätsstrategien in Multi-Stakeholder-Formaten erarbeitet werden, die später auf weitere Regionen übertragen werden können.

Die Teilnehmenden nutzten zum Schluss die Möglichkeit, die Ergebnisse des Metropolitan Innovation Summit Ruhr 2022 sowie des Academic Symposium aus wissenschaftlicher Perspektive zu reflektieren: Es wurde angemahnt, dass soziale Innovationen, bspw. in Form von change agents/organisations, zur Bewältigung des Transformationsprozesses zwar äußerst relevant, jedoch im Rahmen der Konferenz nur am Rande diskutiert worden seien. Zudem wurde kritisiert, dass mehr noch die lokale Maßstabsebene bei Transformationsprozessen berücksichtigt werden müsse, da sie auf dieser letztlich ihren Anfang nehmen und auch implementiert würden. Die Teilnehmenden sahen zudem die allseits diskutierte Möglichkeit der Übertragbarkeit von Best-Practice-Beispielen auf andere Fälle eher kritisch. Aus ihrer Sicht sei eine Adaption nur unter Gewährleistung eines regelmäßigen Wissens- und Erfahrungsaustauschs der beteiligten Akteur:innen unterschiedlicher Metropolregionen möglich.

Hierzu hat das Academic Symposium nun einen ersten Anstoß gegeben. Im Nachgang werden sich die Teilnehmenden zusammenfinden, um mögliche gemeinsame Forschungsaktivitäten im Bereich der inter- und transdisziplinären Metropolenforschung auszuloten.

Wir bedanken uns recht herzlich bei der NRW-Landesregierung sowie bei der Stiftung Mercator für die Finanzierung der Veranstaltung.

Hier finden Sie das Programm des Academic Symposiums zum Download.

Einige Eindrücke von unserer Veranstaltung finden Sie in der Bildergalerie.